Vegetationsgutachten
Wegen der besonderen Bedeutung der Wildschäden im Wald bestimmt Art. 32 Abs. 1 BayJG, dass die zuständigen Forstbehörden vor der Abschussplanung Gelegenheit erhalten müssen, sich auf der Grundlage eines forstlichen Gutachtens über eingetretene Wildschäden an forstlich genutzten Grundstücken zu äußern und ihre Auffassung zur Situation der Waldverjüngung darzutun.
Die Forstverwaltung erstellt deshalb alle drei Jahre für die Hegegemeinschaften unter Verwendung eines landeseinheitlichen Schemas Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung (sog. Vegetationsgutachten).
Wesentlicher Maßstab bei der Bewertung der Verjüngungssituation sind der im Waldgesetz für Bayern (Art. 1 BayWaldG) formulierte Grundsatz 'Wald vor Wild' und das sogenannte 'Waldverjüngungsziel' des Bayerischen Jagdgesetzes (Art. 1 Abs. 2 BayJG):
- „Dieses Gesetz soll insbesondere dazu dienen, einen standortsgemäßen und möglichst naturnahen Zustand des Waldes unter Berücksichtigung des Grundsatzes 'Wald vor Wild' zu bewahren oder herzustellen.“ (Art. 1 S. 3 Nr. 2 BayWaldG),
- „Die Bejagung soll insbesondere die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen.“ (Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG).
Erstellung
Die Forstlichen Gutachten werden mit folgendem Ablauf erstellt:
- Vor dem Beginn der Vegetationsperiode im Frühjahr wird auf über 25.000 systematisch ausgewählten Waldverjüngungsflächen eine Inventur zur Verjüngungssituation durchgeführt (Stichprobenverfahren). Die Jagdgenossen und Jäger können an den Inventuraufnahmen teilnehmen, um sich direkt vor Ort ein Bild zu verschaffen.
- Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) wertet die Inventurdaten aus und leitet die Ergebnisse an die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten weiter.
- Die Ämter stellen die Inventurergebnisse vorab den betroffenen Jagdvorständen, Eigenjagdbesitzern und Revierinhabern zur Verfügung, die dazu Stellung nehmen können.
- Auf Basis der Ergebnisse der statistisch abgesicherten Verjüngungsinventur, der Stellungnahmen der Beteiligten und anderer Erkenntnisse, wie zum Beispiel aus ergänzenden Revierweisen Aussagen, gemeinsamen Revierbegängen oder Weiserflächen, werden dann von den Forstfachleuten die Forstlichen Gutachten erstellt. In den Gutachten wird u.a. die Verbisssituation in der Hegegemeinschaft in vier Stufen bewertet („günstig“, „tragbar“, „zu hoch“ oder „deutlich zu hoch“) und eine Abschussempfehlung abgegeben („deutlich senken“, „senken“, „beibehalten“, „erhöhen“ oder „deutlich erhöhen“).
- Die Beteiligten erhalten dann im Herbst das Forstliche Gutachten für die jeweiligen Hegegemeinschaften, um auf einer fundierten Basis die Drei-Jahres-Abschussplanung im kommenden Frühjahr durchführen zu können.
Ergänzende Aussagen
Die Forstbehörden erstellen beim Forstlichen Gutachten in denjenigen Hegegemeinschaften, bei denen im vorangegangenen Gutachten die Verbissbelastung als „zu hoch“ oder „deutlich zu hoch“ bewertet wurde („rote“ Hegegemeinschaften), für alle Jagdreviere ergänzende Revierweise Aussagen. In den „grünen“ Hegegemeinschaften (Wertung der Verbissbelastung „günstig“ oder „tragbar“) werden Revierweise Aussagen erstellt, wenn dies für das jeweilige einzelne Jagdrevier von Beteiligten (Jagdvorstand, Eigenjagdbesitzer, Revierinhaber oder einzelne Jagdgenossen) beantragt wird.
Vor der endgültigen Fertigung der Revierweisen Aussage wird den Beteiligten ein gemeinsamer Waldbegang angeboten, bei dem der Entwurf der Revierweisen Aussage vorgestellt und an konkreten Waldbildern erläutert wird.
Über den Autor
Das "Jagdrecht in Bayern" stellt der in der Jagdausbildung erfahrene Jäger und Jurist Alexander Scholl (scholl@jagdrecht-bayern.de) unentgeltlich zur Verfügung.
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Gruß und Waidmannsheil,
von Alexander Scholl und dem Team von Waidwissen