Die rechtlichen Regelungen zur Verhütung, Haftung und Abgeltung von Wild- und Jagdschäden sind in den österreichischen Bundesländern unterschiedlich ausgestaltet und gehören zu den komplexeren Materien des Jagdrechts. Dieses Kapitel behandelt die Präventionsmaßnahmen, Haftungsgrundsätze, Verfahrensabläufe und Ausnahmetatbestände bei der Geltendmachung von Wildschadensersatzansprüchen.
Arten von Wildschäden:
Ursachen:
- Zu hohe Wilddichte
- Geringes Nahrungsangebot (Äsungsmangel)
- Störung des Biorhythmus des Wildes
Die Verhütung von Wildschäden ist primäre Aufgabe der Jagdausübungsberechtigten:
Allgemeine Präventionsmaßnahmen:
- Angemessene Bejagung zur Bestandsregulierung
- Schaffung von Äsungsflächen und Ablenkfütterung
- Koordination mit Land- und Forstwirtschaft
- Einsatz von Vergrämungsmitteln
Die spezifischen Präventionsmaßnahmen und Hegepflichten sind in den jeweiligen Jagdgesetzen detailliert geregelt:
(§§ 102, 103, 104 Bgld- JagdG 2017)
MÜSSEN durchgeführt werden:
- Ziffernmäßige Verminderung des Wildstandes auf behördliche Anordnung (§ 102 Abs. 1)
- Errichtung von Schutzmaßnahmen bei schweren Wildschäden an jungen Weingärten, Ananaserdbeerenkulturen oder Forstkulturen (§ 102 Abs. 8)
- Durchführung erforderlicher Maßnahmen bei Waldgefährdung auf behördliche Vorschreibung (§ 102 Abs. 3)
KÖNNEN
- Errichtung von Zäunen, Gittern, Mauern zum Abhalten des Wildes (§ 104 Abs. 1)
- Flächenschutz oder Einzelpflanzenschutz durch geeignete Schutzmittel (§ 102 Abs. 8)
- Maßnahmen zur Verbesserung der Wildernährung(§ 102 Abs. 7 Z 3)
- Austreiben des schadenden Wildes aus dem Schadensgebiet (§ 102 Abs. 7 Z 1)
Die Haftung tragen die Jagdausübungsberechtigten(Jagdpächter, Eigenjagdbesitzer) des Jagdgebiets in dem der Schaden entstanden ist. Bei Genossenschaftsjagden haften die Jagdgenossenen zur ungeteilten Hand.
Haftung zur ungeteilten Hand bedeutet, dass mehrere Personen – etwa Mitpächter - gemeinsam für eine Schuld einstehen müssen. Dabei haftet jede einzelne Person für die gesamte Forderung, nicht bloß für ihren Anteil.
In bestimmten Fällen kann der Jagdausübungsberechtigten von der Haftung für Wildschäden in seinem Jagdgebiet ausgenommen sein:
(§ 105 Abs. 1 Z 2 Bgld- JagdG 2017)
- Keine Haftung für Wildschäden auf Grundstücke mit Jagdruhe
- Keine Haftung für Schäden durch ganzjährig geschonte Wildarten
- Höchsthaftungsgrenze: 30 Euro pro Hektar Jagdgebietsfläche und Jahr
(§ 110 Bgld- JagdG 2017)
- Ortsüblicher Marktpreis bei fehlender Einigung zwischen Geschädigtem und Jagdausübungsberechtigtem
- Zeitpunkt der Ernte maßgeblich für Schäden an nicht erntereifen Erzeugnissen
- Forstwirtschaftliche Grundsätze für Jagd- und Wildschäden im Wald
- Unterscheidung: Einzelstammschädigung oder Bestandsschädigung
- Zusätzlich: Minderung der künftigen Ertragsfähigkeit berücksichtigen
Wenn der Geschädigte einen Schaden entdeckt, hat er diesen innerhalb einer bestimmten Frist bei dem verantwortlichen Jagdausübungsberechtigten geltend zu machen.
Die Fristen unterscheiden sich in den Bundesländern:
(§ 112 Bgld- JagdG 2017)
- Binnen zwei Wochen nach Bekanntwerden des Schadens
- Bei Waldschäden binnen vier Wochen
- Pflichtangaben: Grundstücksnummern der betroffenen Flächen, die jeweiligen Verursacher sowie das Schadensausmaß in Prozent bzw. im Forst der vorerst geschätzte Schaden in Geld
Falls der Geschädigte und der Jagdausübungsberechtigten keine einvernehmliche Lösung finden, kann innerhalb einer bestimmten Frist ein Schlichtungsverfahren für Wild- und Jagdschäden eingeleitet werden.
Dieses dient der außergerichtlichen Streitbeilegung zwischen dem Geschädigten und dem Jagdausübungsberechtigten.
Die Verfahren sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt:
Verfahrensablauf (§§ 111-115 Bgld-JG)
- Antragsfristen:
- Schaden binnen 2 Wochen nach Bekanntwerden beim Jagdausübungsberechtigten zu melden (§ 112 Abs. 1 Bgld-JG)
- Bei fehlendem Einvernehmen binnen 2 Wochen ab diesem Zeitpunkt nachweisliche Verständigung des Schlichtungsorgans (§ 112 Abs. 2 Bgld-JG)
- Schlichtungsorganbestellung: Landesregierung bestellt auf Vorschlag der Landwirtschaftskammer fachlich geeignete Schlichtungsorgane für Jagdperiode (§ 111 Abs. 1 Bgld-JG)
- Verfahrensdurchführung: Besichtigung unverzüglich, spätestens binnen 2 Wochen ab Verständigung mit Befundaufnahme (§ 112 Abs. 2 Bgld-JG)
- Vergleichswirkung: Unterfertigter Vergleich ist Exekutionstitel(§ 112 Abs. 5 Bgld-JG)
- Bei Scheitern: Entscheidung durch Bezirksverwaltungsbehörde(§ 113 Bgld-JG)
Falls es im Schlichtungsverfahren zu keinem Vergleich zwischen dem Geschädigten und dem Jagdausübungsberechtigten kommt oder eine Partei mit der Entscheidung des zuständigen Organs nicht einverstanden ist, steht immer noch der gerichtliche Weg offen.
Im Burgenland muss die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde vor dem Landesverwaltungsgericht angegriffen werden.