Zusammenfassung
Das Schwarzwild ist die Urform des Hausschweins und wurde vor etwa 10.000 Jahren domestiziert. In den letzten Jahren haben sich die Populationen des Schwarzwildes aufgrund seiner großen Anpassungsfähigkeit und hohen Vermehrungsraten deutlich vervielfacht. Nicht zuletzt liegt das an der Zunahme des Maisanbaus. So ist das Schwarzwild zur echten Herausforderung für Landwirte und Jäger gleichermaßen geworden. Auch durch die regelmäßig wiederkehrende Gefahr der Schweinepest ist die Jagd auf Schwarzwild ein sehr aktuelles Thema.
Allgemeines
Begriffe
Altersklassen
Je nach Bundesland unterscheidet sich die Definition von Frischlingen und Überläufern. Wir unterscheiden zwischen
- Biologischem Alter nach Lebensjahr
- Rechtlichem Alter nach Jagdjahr
Zoologische Zuordnung
Körpermaße
- Sehr unterschiedlich je nach Altersklasse, Geschlecht und Standort
- Höhe (Widerrist): ♂ bis 1 m
- Gewicht (aufgebrochen)
MerkeGröße und Gewicht sind abhängig vom Biotop sehr unterschiedlich und dienen nur der Orientierung.
Aussehen
Haarkleid
- Oberflächliche, lange und borstige Deckhaare
- Tiefer liegende, kurze und feine Wollhaare
- Frischlinge
- Charakteristischer Streifenzeichnung
- Verblasst mit 4 bis 6 Monaten
- Überläufer: Bräunlich (April
/Mai)
Körperteile
- Weidsack: Magen von Schwarzwild
- Weißes: Fett von Schwarzwild
- Rauschknospe: Äußeres Geschlechtsteil der Bache
- Siehe auch: Körperteile des Rehwildes
Gebiss
Allesfressergebiss
- Schneidezähne: scharf und mittelgroß
- Eckzähne
- Groß und kräftig
- Offene Wurzel → Wachstum bis ins Alter
- Waffen und Werkzeug beim Aufbrechen
- Prämolare: scharfkantig (wie Fleischfresser)
- Molare: stumpf (wie Pflanzenfresser)
Dauergebiss (Zahnformel)
Eckzähne
- Keiler:
- Eckzähne werden als Gewaff oder Waffen bezeichnet.
- Oberkiefer: Haderer
- Unterkiefer: Gewehre oder Hauer
- Nur 1
/3 sichtbar , 2/3 verborgen im Unterkiefer.
- Bache:
- Eckzähne werden Haken genannt.
- Deutlich kleiner und weniger auffällig als beim Keiler.
Zahnwechsel
Die Angaben zum Zahnwechsel sind immer ungefähr und je nach Lehrbuch etwas unterschiedlich.
Schneide- und Eckzähne
Hintere Backenzähne (Molare)
Merke6 – 14 – 24 (Schieben der Molare M1-M3)
MerkeIn den ersten 24 Lebensmonaten lässt sich aufgrund des Zahnwechsels das Alter sehr genau feststellen.
Altersschätzung
- Gewaff (Keiler)
- Haken (Bache)
- Backenzahnabschliff
Keiler
- Alterseinschätzung nach Brandt
- Durchmesser 1 cm oberhalb des Wurzelendes (WE)
- Durchmesser am Schleifenende (SE)
MerkeWissenschaftlich betrachtet ist diese Möglichkeit der Alterseinschätzung sehr ungenau.
Ernährung
Allgemeines
- Ernährungstyp: Allesfresser
- Brechen: Das Umwühlen des Bodens zur Nahrungssuche
Nahrung
- Pflanzlich:
- Baumfrüchte: Eicheln, Kastanien, Bucheckern.
- Feldfrüchte und Obst: Mais, Hafer, Weizen, Kartoffeln, Fallobst.
- Tierisch:
- Wirbellose: Würmer, Engerlinge.
- Aas: Jungwild, Luder, Mäuse.
- Gelege
Wildschäden
- Feldschäden
- Vor allem Mais nach der Saat und in der Milchreife
- Fressschäden (Mais, Hafer, Weizen, Kartoffeln)
- Wühlschäden durch Brechen (Wiesen) → Suche nach tierischem Eiweiß und Wurzeln
- Erbsen
Losung
- Klümpchen
- Oft unförmige Würste
Lebensraum und Lebensweise
Vorkommen
- Biotoptyp:
- Sumpflandschaften
- Laubmischwälder (hoher Eichen- und Buchenanteil für die Mast)
- Felder (Getreide)
- Flachland und Mittelgebirge
- Zunehmend auch Umgebung von Städten
- Deutschland: Flächendeckend
- Europa: Überall (früher nicht in Skandinavien und Großbritannien)
- Verbreitungskarte
Verhalten
Sozialverhalten
- Rotte: Eine Gruppe von Schwarzwild, die zusammenlebt.
- Zusammensetzung:
- Bachen: Erwachsene weibliche Tiere.
- Überläufer: Jungtiere im zweiten Lebensjahr.
- Frischlinge: Junge im ersten Lebensjahr.
- Leitbache:
- Führt die Rotte an.
- Verwalterin des Sozialgefüges und der Routen.
- Junggesellenrotte:
- Überläuferkeiler bilden vorübergehende Gruppen.
- Trennung von der Mutterrotte mit etwa 18 Monaten.
- Ältere Keiler:
- Leben als Einzelgänger.
- Nur zur Rauschzeit (Paarungszeit) kehren sie zur Rotte zurück.
Fortpflanzung
Paarungszeit: Rauschzeit
- Rauschzeit: Fortpflanzungszeit von Schwarzwild
- Berauschen
/Beschlagen: Begatten bei Schwarzwild - Zeitraum: November bis Februar (mit vielen Ausnahmen)
- Beginn wird von Paarungsbereitschaft der Bache bestimmt
- Keiler kommt zur Begattung zur Rotte hinzu
- Brunftkämpfe: Zum Teil heftige Auseinandersetzungen
- Besonderheit: Kreuzung von Hausschwein und Wildschwein sind möglich
Exkurs: Rauschsynchronisation
Nach aktuellem Stand der Forschung lässt sich die Rauschsynchronisation nicht belegen. Als r-Strategen würde es für das Schwarzwild auch keinen Sinn ergeben. Wahrscheinlich ist vor allem eine gute körperliche Verfassung bei guter Äsungssituation entscheidend für die frühe Geschlechtsreife von Schwarzwild.
Die Theorie der Rauschsynchronisation besagt:
- Leitbache gibt vor, wann alle Sauen einer Rotte rauschig werden
- Bei Verlust der Leitbache (Abschuss, Verkehrsunfall) kommt es zum Rauschchaos
- Ganzjährige Fortpflanzungsfähigkeit der Bachen
Jungtierentwicklung
- Tragzeit: 3 Monate, 3 Wochen, 3 Tage (ca. 4 Monate)
- Frischzeit: Februar bis Mai (teils später)
- Hierzu setzt sich die Bache von der Rotte ab
- Frischen in Anhäufungen von Gras, Kraut und Zweigen (Wurfkessel)
- Frischen: Gebären von Jungen bei Schwarzwild
- 3 bis 10 Frischlinge pro Bache
- Säugezeit: 3 bis 4 Monate
- Geschlechtsreife ab 8 bis 10 Monate (teils bereits Frischlinge beteiligt)
- Abhängig von Ernährung und Bestand
- Natürliche Altersgrenze ca. 10 Jahre
Merkhilfe333 gabs bei Issos Keilerei → Tragzeit beim Schwarzwild: 3 Monate, 3 Wochen, 3 Tage
Das Schwarzwild und die 4
Zuwachs
- Der Zuwachs bei Schwarzwild ist sehr variabel.
- Abhängig von den Lebensumständen
- Normaljahre: Zuwachs um 150 % des Frühjahrsbestandes
- In guten Jahren bis zu 300 % Zuwachs
- Zuwachserhöhung durch:
- Mastjahre
- Hoher Maisanteil der Nahrung
- Frühere Geschlechtsreife
- Höheren Überlebensrate der Frischlinge
- Zuwachsverminderung durch:
Praxistipps
Ansprechen
Tipps und Tricks
Pirsch
Sinnesorgane
- Sehen: Äugt schlecht
- Geruch: Windet gut
- Gehör: Vernimmt gut
- Das Anpirschen sollte dementsprechend mit gutem Wind und lautlos erfolgen.
Lautäußerungen
- Grunzen und Schmatzen, wenn sie vertraut sind
- Blasen bei Erregung oder Misstrauen und zur Warnung
- Quieken von Frischlingen
- Kreischen oder Klagen bei Schmerzen
- Schnaufen beim Brechen
Tritt und Fährte
Waidmannssprache
Allgemeines
Altersklassen beim Schwarzwild
Wichtig sind vor allem der Frischling und der Überläufer. Die übrigen Bezeichnungen sind sehr beschreibend und nicht ganz eindeutig. Die Tabelle soll trotzdem bei der groben Orientierung helfen.