Einführung zur Wildbrethygiene

Letzte Aktualisierung: 08.06.2023

Zusammenfassung

Die Wildbrethygiene umfasst alle Maßnahmen zur hygienischen Gewinnung von Wildfleisch. Sie beginnt bereits vor dem Schuss mit der Planung. Das Ziel ist es einen sicheren Kammerschuss am breit stehenden Wild anzubringen. Bei der Versorgung gilt es auf Sauberkeit und Erhalt der Magen-Darm-Barriere zu achten, während gleichzeitig das Wild auf bedenkliche Merkmale überprüft wird. Im Anschluss ist ein rasches Auskühlen notwendig. Bei Schwarzwild muss auf die Entnahme von Proben zur Trichinenuntersuchung geachtet werden.

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Grundlagen

Allgemeines

  • Beginnt vor dem Schuss mit dem Ansprechen und Beobachten
    • „Lebenduntersuchung“
  • Endet erst nach dem Verzehr des Wildbrets
  • Kenntnis rechtlicher Anforderungen notwendig
Kümmerndes Rehwild

Treffpunktlage

Versorgung

  • Zur Versorgung von Wild gehören alle Tätigkeiten vom Aufbrechen bis zur gekühlten Lagerung, die der hygienischen Gewinnung des Lebensmittels Wildfleisch und der verwertbaren Organe dienen.
  • Sachgemäße Versorgung nach dem Erlegen → Hohe Qualität des Wildbrets
  • Unterteilung
  • Zerwirken: Aus der Decke (Schwarte) schlagen und Zerlegen von Schalenwild in küchenfertige Wildbret-Portionen

Pflichten

Bei der Herstellung des Nahrungsmittels „Wildbret unterliegt der Jäger einigen Pflichten

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Aufbrechen

Allgemeines

Grundsätze

  • Sollte unverzüglich nach Erlegen des Wildes erfolgen
    • Bei Drückjagden ist auf die Beendigung der Jagd oder auf Aufbrechpausen zu warten.
  • Säuberung mit Trinkwasser

Entsorgung

Ortswahl

am Ort der Erlegungin der Wildkammer
Aufbrechzeitfrühspät
Transport+-
Wasser-+
Handling-+
Hygiene-+
Licht-+

Wildkammerausstattung

  • Kühlkammer/Kühlschrank
  • Hygieneecke mit Waschbecken und Wasser in Trinkwasserqualität
  • Vorrichtung zum Aufhängen von Wild
    • Seilwinde (v.a. für starkes Wild)
    • Mit S-Haken
  • Waage (digital oder analog)

Wildkammer KühlungHygienewandWildkammer: Seilwinde

Arbeitsmaterial

  • Wasser (Trinkwasserqualität)
  • Einmalhandschuhe
  • Sauberes Arbeitsgerät
  • Behälter zur Aufbewahrung des Aufbruchs

GekrösemesserZerwirkzangeAufbrechsäge

Praxistipps

Allgemeines

  • Schlossnaht gibt Auskunft über das Alter des Stücks
    • Junges StückSchlossnaht gut tastbar und weich
    • Altes StückSchlossnaht kaum tastbar und hart
  • Ausschneiden verschmutzter Schusswunden
  • Bei starker Kontamination der Unterhaut das Stück aus der Decke schlagen
  • Vorsicht: keine Verletzung von Gallenblase, Harnblase, Pansen und Gescheide

Schalenwild

  • Verschiedene Techniken zum Aufbrechen
  • Liegend: Häufige Anwendung am Erlegungsort
  • Hängend: Meist an einem zentralen Ort zur Wildversorgung
    • Haupt nach unten hängend
Vergleich
DurchführungVorteileNachteile
Liegend
  • Häufig am Erlegungsort
  • Überall möglich
  • Schwierigere Durchführung
  • Kontamination möglich
Hängend
  • Meist an zentralem Ort zur Wildversorgung
  • Haupt nach unten hängend
  • Technisch einfacher
  • Hygienischer durch fehlenden Bodenkontakt
  • Besseres Ausschweißen
  • Leichteres Ausspülen (Trinkwasser)
  • Aufhängekonstruktion notwendig → nicht überall möglich

Das Aufbrechen an einem zentralen Aufbrechplatz ermöglicht die besten Ergebnisse bei der Wildbrethygiene.

Wann immer möglich sollte das Aufbrechen im Hängen gegenüber dem im Liegen vorgezogen werden.

Niederwild

Feldhase
  • Ausdrücken der Blase gleich nach dem Erlegen
    • Hasen an den Vorderläufen fassen
    • Rücken auf den Oberschenkel legen
    • Mit freier Hand vom Brustkorb in Richtung der Keulen über den Bauch streichen → Blase entleert sich
  • Sachgemäße Versorgung ist erst mit dem Ausweiden abgeschlossen
Hühnervögel und Tauben

Aushakeln

  • Definition: Herausnehmen des Gescheides mit einem Haken durch das Weidloch bei Federwild
  • Synonyme: Aushaken, Ausziehen
  • Nachteile
    • Abreißen/Abtrennung von Magen und Darm → Magen-Darm-Inhalt kann in die Bauchhöhle gelangen
    • Eingeweide werden verletzt und lassen sich schlecht auf bedenkliche Merkmale untersuchen
  • Aus hygienischen Gründen wird das Aushakeln heutzutage unterlassen.
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Kühlung

Allgemeines

  • Abkühlen des Wildkörpers auf festgelegte Temperaturen, sobald möglich
  • Bei niedrigen Außentemperaturen auch außerhalb einer Kühlzelle möglich
  • Stücke in der Decke/Schwarte dürfen nicht zusammen mit Stücken ohne Decke/Schwarte in der Kühlzelle hängen.

Temperaturen

Dauer

  • Kühlung bis die Totenstarre aufgehoben ist (nach ca. 32 – 96 Stunden)
  • Je stärker das Stück, desto länger bis zum Erreichen einer ausreichenden Kerntemperatur
  • Beispiel 1: Rothirsch bei + 4 °C → ≥ 40 Stunden bis Kerntemperatur von ca. 7 °C
  • Beispiel 2: Rehbock bei + 4 °C → ca. 24 Stunden bis Kerntemperatur von ca. 7 °C

Fleischreifung

  • Fleischreifung: Kühles AbhängenFleischreifung → Fleischqualität
  • Abhängen erfolgt in der Decke/Schwarte.
  • Dauer: 2 – 5 Tage bei Schalenwild
  • Vorteile
    • Säuerung des Fleisches → Haltbarkeit
    • Geschmacksbildung
    • Zartheit

Ungenügende Reifung

  • Stress des Wildes (Hetze, Nachsuche)
  • Krankheit
  • Verhitzen
  • Fäulnis: Zersetzung von organischen Stoffen wie Wildbret durch Bakterien bei Sauerstoffmangel
  • Verwesung: Zersetzung von organischen Stoffen mit genügend Sauerstoff

Stickige Reifung

  • Durch mangelhafte Auskühlung unbrauchbar gewordenes Wildbret
    • Z.B. durch verspätetes Versorgen oder falschen Transport/Lagerung des Wildes.
  • es ist verhitzt
  • Merkmale
    • Kupferrote bis rotbraune Fleischverfärbung
    • Säuerlicher, muffiger Geruch

Hintergrund

  • Mit Eintritt des Todes beginnen biochemische Prozesse, welche die Qualität des Fleisches bis hin zur Untauglichkeit zum Verzehr beeinflussen.
  • Zusammenbruch der Magen-Darm-Barriere → Verteilung von Bakterien im Körper
  • Aufhalten des Prozesses durch Kühlung

Einflussfaktoren

  • Stärke/Konstitution des Stückes
  • Umgebungstemperatur/Witterung/Jahreszeit
  • Art des Transports → ungenügendes Auskühlen
  • Zeit zwischen Verenden und Zeitpunkt des Aufbrechens
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Wildbretuntersuchung

Unterteilung

Erlegtes WildFallwildUnfallwild
DefinitionWild, das durch Schuss oder Abfangen getötet wurdeWild, das weder durch Erlegen noch andere sichtbare äußere Gewalteinwirkung zum Tod gekommen ist (z.B. Krankheit, Hunger, Alter)Wild, das nicht durch Erlegen, sondern andere äußere Gewalteinwirkung (z.B. Verkehr) getötet wurde
Verwertbarkeitgenusstauglich
  • Genussuntauglich
  • Unschädliche Beseitigung
    • Bei Hinweisen auf anzeigepflichtige Erkrankungen ist eine Meldung an das zuständige Veterinäramt angezeigt.
  • Bei vermehrtem Auftreten ist das kommunale Veterinäramt zu informieren
Bildbeispiel

Erlegter Rehbock

Fallwild

Unfallwild

Amtliche Fleischuntersuchung

Allgemeines

  • Das Ziel ist es, den Endverbraucher zu schützen und nur gesundes Wildbret zu vermarkten.
  • Durchführung durch Amtstierärzte (Veterinäramt)
  • Untersuchung aller Teile des Tieres (inklusive Blut)
    • Nicht zerwirkter Wildkörper mit Aufbruch (Organen)
  • Untersuchtes Wild wird mit Stempelabdrücken markiert.
    • An Innenseite der Keulen, Bauchlappen, Rippenbögen und auf dem Brustbein

Wann muss eine amtliche Fleischuntersuchung verpflichtend durchgeführt werden?

  1. Bei Vorliegen bedenklicher Merkmale, wenn es für den Verzehr vorgesehen ist
    1. Alternativ kann das Wild auch unschädlich beseitigt werden.
  2. Bei der Abgabe an den gewerbemäßigen Handel (z.B. an WBB)
  3. Bei Verdacht auf eine Umweltkontamination

Wann kann auf eine amtliche Fleischuntersuchung verzichtet werden?

  1. Grundvoraussetzung: Keine bedenklichen Merkmale
  2. Verwertung im Haushalt des Jägers
  3. Lokale Vermarktung in kleiner Menge

Praxis der Einsendung

  • Einmalhandschuhe verwenden
  • Abhalten des Hundes vom Wild
  • Transport in vollständig verschließbaren Behältern
  • Meldung an Amtstierarzt bei Seuchenverdacht
  • Kennzeichnung: „Vorsicht: Tierisches Untersuchungsmaterial!“
Umweltkontamination
  • Typisches Beispiel ist radioaktive Strahlung
  • Relevantes Teilchen ist Cäsium-137
    • Cäsiumbelastung v.a. Schwarzwild durch Brechen (z.B. nach Hirschtrüffeln) im Herbst und Winter
    • Wildbret darf mit höchstens 600 Becquerel pro Kilogramm belastet sein
  • Untersuchung von Muskulatur ohne Fett auf Radioaktivität

Trichinenuntersuchung/Trichinenschau

  • Gesetzlich vorgeschrieben bei Schwarzwild, Waschbär und Dachs
    • Allesfresser und Fleischfresser
    • Wenn zum Verzehr durch Menschen vorgesehen
    • Unabhängig vom Alter des Wildes
  • Voraussetzungen zur Probenentnahme
    1. Schulung
    2. Beauftragung des Jägers durch die zuständige Veterinärbehörde
      1. Übertragung der Pflicht an Wildhändler, Metzgerei oder Restaurant möglich
  • Missachtung der Pflicht ist eine Straftat
  • Testmethode: Verdauungsmethode durch Zuhilfenahme von Salzsäure und Pepsin

Praxisanleitung

  • Entnahme von Muskulatur von Zwerchfellpfeiler und Vorderlauf zur Untersuchung
  • Kennzeichnung mit Wildmarke und Wildursprungsschein
  • Bei Durchführung durch Behörde stempeln als „trichinenfrei“ auf Brustbein oder Keule
  • Erst nach erfolgter Freigabe darf die Weiterverarbeitung zum Nahrungsmittel erfolgen (z.B. Zerwirken und Vermarktung)
    • Kühlung und Abschwarten dürfen bereits vor der Freigabe erfolgen.

Wildursprungsschein

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Waidmannssprache

WaidmannsspracheLaiensprache
AufschärfenAufschneiden der Haut bei Wild
AbschärfenAbschneiden (z.B. mit dem Waidmesser)
AufbrechenHerausnehmen des Geräuschs (Herz, Lunge, Leber, Milz und Nieren) und des Gescheides (Organe der Bauchhöhle)
AusnehmenAusweiden von kleinem Federwild
AusschweißenAusbluten lassen von erlegtem Wild
ZerwirkenZerlegen von Wild in küchenfertige Wildbret-Portionen
ZerwirkraumSpezieller Raum für das Zerlegen des Wildes
WildkammerSpezieller Raum für die Lagerung und Verarbeitung von Wild
WildbretWildfleisch, das für den menschlichen Verzehr vorgesehen ist
Feist

Fett auf dem Wildbret bei Schalenwild (außer Schwarzwild: Weiß)

DeckeFell des Schalenwildes (außer Schwarzwild: Schwarte)
aus der Decke schlagenAbhäuten / Abziehen des Fells von Schalenwild
SchwarteFell/Haut von Schwarzwild, Dachs und Bären
AbschwartenAbziehen der Schwarte bei Schwarzwild und Dachs
DachskernKörper des Dachses ohne Schwarte.
Balg

Behaarte Haut bei Haarraubwild (ausgenommen Bär und Dachs), Hase, Kaninchen, Biber und Murmeltier

AbbalgenAbziehen der Haut bei Niederwild, außer Rehwild (aus der Decke schlagen) und Dachs (Abschwarten), einschließlich allen Federwildes (Vogelbalg).
KernKörper des Fuchses ohne Fell
Abstreifen/StreifenAbziehen der Haut bei Hasen, Kaninchen, Haarraubwild (außer Dachs und Bär)
LudernWildbret, das in Verwesung übergeht (genussuntauglich wird)
VerhitzenWenn Wildbret zu langsam auskühlt und durch stickige Reifung genussuntauglich wird.
Eingehen

Sterben von Wild durch Krankheit oder Hunger

Verenden

Sterben von Wild durch die Jagd wie z. B. den Schuss oder auf natürlichem Wege

KochwildbretDie weniger hochwertigen Teile des Wildbrets, welche gekocht werden. Hierzu gehören: Rippen, anhängende Bauchlappen, teilweise auch Träger und Kopf.
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