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Jagdliches Brauchtum

Letzte Aktualisierung: 04.04.2023

Zusammenfassung

Das jagdliche Brauchtum umfasst die Verhaltensweisen und Gepflogenheiten der Jäger untereinander und während der Jagdausübung. Die Grundlage bildet die Waidmannssprache als Fachsprache der Jäger. Auch die Waidgerechtigkeit liegt im Brauchtum begründet. Das Prinzip der Trophäe als Zier- und Sammlerobjekt für den Erleger ist ein weiterer Brauch. Jagdsignale wurden früher zum Informationsaustausch bei weiträumig angelegten Jagden verwendet und werden weiterhin zum Verblasen der Strecke angewendet. Der letzte Biss, eine Ehrerweisung an das erlegte Wild, ist nur eines von vielen im Brauchtum angewandten Bruchzeichen.

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Grundlagen

Allgemeines

Waidmannssprache

Die Waidmannssprache ist eine Fachsprache der Jäger. Sie wird von Jägern zur genauen Verständigung bei der Jagd verwendet. Häufig ist ihre bildhaft beschreibende Art effektiver bei der jagdlichen Verständigung als die konventionelle Sprache. Nichtjägern gegenüber wird die Jägersprache aus Respekt nicht verwendet, um Verständnisprobleme zu vermeiden.

  • Begriffe aus der Jägersprache unterscheiden sich häufig von den wissenschaftlichen Bezeichnungen.
  • Einige Begriffe werden auch in der Umgangssprache verwendet (z.B. „durch die Lappen gehen“).

Jägerrecht

  • Definition: Naturlohn für den Erleger, wenn dieser das Wild selbst aufbricht (Kleines und Großes Jägerrecht)
    • Sonst für Denjenigen, der das Stück aufgebrochen hat
    • Bezieht sich nur auf Schalenwild
  • Kleines Jägerrecht: Herz, Lunge, Leber, Nieren, Milz → Entspricht dem Geräusch
    • Diese Organe sind alle genießbar (Bauchspeicheldrüse ist nicht genießbar)
  • Großes Jägerrecht: Kleines Jägerrecht und der Hals bis zur dritten Rippe

Erleger

  • KugelschussErleger ist, wer den ersten tödlichen Schuss angebracht hat
  • SchrotschussErleger ist, wer den letzten Schuss (Ausnahme Fangschuss) angebracht hat
  • Entscheidung liegt im Zweifel beim Revierinhaber oder Jagdleiter

Schüsseltreiben

  • Das Schüsseltreiben ist ein gemeinsames Essen der Jäger, Treiber und Hundeführer zum Ende einer Gesellschaftsjagd – insbesondere nach Treibjagden.
  • Beim Schüsseltreiben kann das Jagdgericht einberufen werden, um waidgerechtes Verhalten zu ehren und Verstöße zu bestrafen. Die Strafen sind heutzutage jedoch spielerisch und beziehen sich häufig auf die nächste Getränkerunde.

Die Waffen dürfen während des Schüsseltreibens nicht unbeaufsichtigt im Auto liegen.

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Waidgerechtigkeit

Allgemeines

  • Waidgerechtigkeit ist die Summe der geschriebenen und ungeschriebenen Verhaltensnormen der fachgerechten Jagdausübung.
  • Sie ist gesetzlich vorgeschrieben.
  • Moderne Interpretation:
    1. Tierschutz: Ersparen von Leid für die Tierwelt
    2. Umweltschutz: Berücksichtigung der Umwelt beim jagdlichen Handeln
    3. Mitmenschlichkeit: Anstand gegenüber Jägern und Bevölkerung

Waidgerechtigkeit heißt: Fair zu Tier, Natur und Nachbarn.

Rechtliche Grundlage

Ungeschriebene Grundsätze

  • Dem Wild eine Chance lassen
    • Vogelwild nur streichend bejagen.
    • Hasen nicht in der Sasse hockend schießen.
  • Jungtiere vor Leid bewahren
    • Keine Elterntiere erlegen, sondern zunächst das Jungtier.
  • Es sollte nicht auf zu große Entfernungen gejagt werden.
  • Es soll mit brauchbaren Jagdhunden gejagt werden.

Des Jägers Ehrenwort

„Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.” (Oskar von Riesenthal, 1880)

Exkurs: Waidgerechte Jagd

Die Initiative „Waidgerechte Jagd “ hat es sich zur Mission gemacht, Jägern einen Wertekompass für die jagdliche Praxis zu bieten. Nichtjäger sollen aufgeklärt werden über eine moderne Art der Jagd. Die Zukunft der Jagd ist in 12 Leitsätzen auf den Punkt gebracht. Viel Spaß auch mit dem stimmungsvollen Video zur Waidgerechtigkeit.

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Bruchzeichen

Allgemeines

  • Ein Bruchzeichen ist ein abgebrochener, grüner Zweig, der zur Verständigung und Ehrerweisung unter Jägern genutzt wird.
  • Verschiedene Varianten
    • Unbefegte und befegte Brüche
      • Bei einem befegten Bruch werden Äste und Rinde einseitig mit dem Messer abgeschabt.
    • Armlang oder halbarmlang
    • Kombination mehrerer Brüche
  • Brüche dienen auch der Ehrung von:
    1. Gestrecktem Wild
    2. Erfolgreichem Jäger
    3. Hund nach erfolgreicher Nachsuche

Sofern die bruchgerechten Holzarten nicht in der Nähe des Erlegungsortes gefunden werden können, so dürfen auch alle anderen Baum- und Straucharten für den Bruch verwendet werden.

Erlegter Muffelwidder mit Bruchzeichen

Bruchgerechte Baumarten

Die waidgerechten oder bruchgerechten Baumarten eignen sich zur Verwendung als Bruchzeichen. Hierzu gehören:

Sollte mal keine bruchgerechte Holzart am Erlegungsort zu finden sein, dann dürfen auch andere Baumarten und Straucharten für den Bruch verwendet werden.

TaFiKiEiEr = Tanne, Fichte, Kiefer, Eiche, Erle

EFEKT = Eiche, Fichte, Erle, Kiefer, Tanne

Erkennen der bruchgerechten Baumarten

BaumartErkennenAbbildung
Tanne
  • Ähnlich der Fichte
  • Nadeln stechen nicht

Weißtannenzweig

Fichte
  • Ähnlich der Tanne
  • Nadeln stechen
Fichtenzweig
Kiefer/Latsche
  • Lange, paarige Nadeln
Kiefernzweig
Eiche
  • Typische Blattform
Eichenzweig
Erle
  • Kleine, runde Zapfen („Perlen“)
  • Kerbe an der „Spitze“
Erlenzweig

Streckenbrüche

Inbesitznahmebruch

  • Wild wurde in Besitz genommen
  • Auf der linken Seite des Stückes
  • Unbefegt, halb armlang
  • Unterscheidung nach Geschlecht
    • Männliches Stück → Gebrochene Seite zeigt in Richtung Haupt
    • Weibliches Stück → Gewachsene Seite zeigt in Richtung Haupt

Inbesitznahmebruch und Letzter Bissen

Letzter Bissen

Inbesitznahmebruch und Letzter Bissen

Letzter Bissen eines Stück SchwarzwildesLetzter Bissen für einen Rehbock

Totenwacht

Schützenbruch

  • Würdigung des erfolgreichen Jägers
  • Unbefegt, halb armlang → Rechte Hutseite

Schützenbruch

Nachsuchebruch

  • Dank für eine erfolgreiche Nachsuche an den Hund
  • Teil des Schützenbruchs wird dem Nachsuchenführer überreicht oder direkt an der Halsung des Hundes angebracht.

Nachsuchebruch

Verständigungsbrüche

Anschussbruch

  • Markierung des Anschuss
  • Nicht befegter Zweig, halb armlang
  • Wird in den Boden gesteckt
  • Wird heutzutage häufig durch besser erkenntliches buntes Papier oder Leuchtmarkierungsfarbe ersetzt

Anschussbruch für ein männliches Stück Anschussbruch für ein weibliches Stück

Fährtenbruch

  • Markierung der Fluchtrichtung
  • Nicht befegt, halb armlang
  • Gebrochene Seite wird angespitzt
  • Männliches Stück → Spitze zeigt in Fluchtrichtung
  • Weibliches Stück → Gewachsene Seite zeigt in Fluchtrichtung
  • Hinter dem Fährtenbruch (entgegen der Fluchtrichtung) wird der Bruch mit einem kleinen Querbruch geäftert. So kann die Fluchtrichtung und das Geschlecht eindeutig nachvollzogen werden.
    • Bei unklarer Fluchtrichtung wird der Bruch mit zwei Querbrüchen doppelt geäftert.

Fährtenbruch

Hauptbruch

  • Achtung → weitere Brüche oder wichtige Informationen
  • Einseitig befegt, armlang
  • Auf dem Boden liegend oder im Baum hängend

Hauptbruch

Leitbruch

  • Synonym: Folgebruch
  • Gewachsene Spitze zeigt in Folgerichtung
  • Befegt, halb armlang

Leitbruch

Standplatzbruch

  • Anzeigen des Schützenstandes bei Drückjagden
  • Armlang
  • Gewachsene Spitze des Hauptbruchs zeigt Richtung des Treibens an

Standplatzbruch

Wartebruch

  • Aufforderung an dieser Stelle zu Warten
  • Unbefegt, armlang
  • Zwei Brüche kreuzförmig
  • Gewachsene Spitzen in Richtung der entfernten Person

Wartebruch

Warten aufgegeben

  • Warten wurde aufgegeben
  • Zweige der beiden Wartebrüche wurden entfernt
  • Entfernung in Richtung der gewachsenen Spitzen

Warten aufgegeben

Sammelplatzbruch

  • Markierung des Sammelpunkts
  • Drei Wartebrüche nebeneinander

Warnbruch

  • Vorsicht: Gefahr
  • Kreisförmig aufgehängter, fast vollständig befegter Bruch

Warnbruch

Übersicht im Video

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Strecke legen

Allgemeines

  • Die Strecke einer Jagd wird in Formation gelegt und verblasen.
  • Unterscheidung von
    • Niederwildstrecke
    • Hochwildstrecke
    • Gemischte Strecke

Wildbrethygiene

Aus Gründen der Wildbrethygiene wird zunehmend auf das Strecke legen verzichtet.

Wildanordnung

  • Wild liegt auf der rechten Seite
  • Reihe wird von rechts nach links gelegt
  • Häupter in die gleiche Richtung
  • Eine Reihe je Wildart
  • Stärkstes Stück liegt oben
  • Schalenwild wird vor dem Legen der Strecke aufgebrochen.

Jagdteilnehmer

  • Jagdherr/Jagdleiter: Oben vor der Strecke
  • Schützen: Hinter dem Jagdherrn (vor der Strecke)
  • Bläser: Hinter der Strecke
  • Treiber: Hinter den Bläsern
  • Hundführer: Verteilung mit Schützen oder Treibern je nach Funktion
Schema der Aufstellung beim Verblasen der Strecke

Niederwildstrecke

Gemischte Niederwildstrecke

Reihenfolge

  1. Raubwild (v. a. Fuchs)
  2. Hasenartige (Hase, Kaninchen)
  3. Fasane und Federwild (Hühner, Schnepfen, Enten)
  • Jedes 10. Stück wird um eine halbe Wildlänge vorgezogen.
Schema einer Niederwildstrecke

Gemischte Strecke

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Jagdsignale

Allgemeines

Jagdhorn Ruheposition

Jagdhörner

  1. Fürst-Pless-Horn (Tonart: B)
  2. Ventilhorn
  3. Taschenhorn (Clewingsches Horn)
  4. Sauerländer Halbmond
  5. Parforcehorn
Jagdhörner

Allgemeine Signale

"Begrüßung"
Wolfgang Wittmann
0:000:00
Mit der Begrüßung wird die Jagdgesellschaft willkommen geheißen.

Jagdleitsignale

Jagdleitsignale sind Hornsignale für den geregelten Ablauf der Jagd.

Früher - bei der höfischen Parforce-Jagd - gab es hierzu eine Vielzahl unterschiedlicher Signale.

Heute werden in der Praxis jedoch meist Signale rund um das Kesseltreiben verwendet. Diese können teilweise auch bei anderen Gesellschaftsjagden wie der Drückjagd verwendet werden. So sind die Signale "Treiber in den Kessel" und "Hahn in Ruh" sogar relevant für die Sicherheit.

"Aufbruch zur Jagd"
Wolfgang Wittmann
0:000:00
"Frisch auf zur Jagd, vorbei die Nacht, lasst uns jetzt jagen! Frisch auf zur Jagd, vorbei die Nacht, lasst uns jetzt jagen! Frisch auf zur Jagd, vorbei die Nacht, lasst uns jetzt jagen!"

Totsignale

Mit den Totsignale wird dem erlegten Wild die letzte Ehre erwiesen. Hierzu wird die Strecke "verblasen". Dazu werden abhängig von der Wildart unterschiedliche Jagdsignale gespielt.

"Hirsch tot"
Wolfgang Wittmann
0:000:00
Verblasen der Streccke

    Notsignale

    • Jägernotruf: 1 – 2 – 1 (Töne)
    • Schussreihenfolge: 1 – 2 – 1 (Schüsse)
    • Alpiner Notruf: 6 gleiche Signale (optisch oder akustisch) in einer Minute
      • Wiederholung nach einer Minute Pause
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    Trophäen

    Allgemeines

    • Jagdtrophäen sind ein Zeichen einer erfolgreichen Jagd.
    • Sie steht nach Brauch dem Erleger zu.
    • Verwendung als Erinnerung, zur Zierde oder als Sammelstück.

    Kopfschmuck

    Der Kopfschmuck wird als Trophäe meist auf einem Brett angebracht und an der Wand aufgehängt. Bei der Aufbereitung muss der Knochen gebleicht werden (z.B. mit Wasserstoffperoxid).

    Hirschgeweih

    Zähne

    Haare

    Fuchsbalg

    Gerben

    • Verarbeitung von rohen Tierhäuten zu Leder
    • Gerbstoffe stabilisieren das Hautgefüge
    Schalenwild
    • Vor dem Gerben sollte die Decke getrocknet werden (z.B. an der Luft, eingesalzen oder eingefroren).
    Raubwild
    • Verwendung von Handschuhen bei Infektionsverdacht
    • Abziehen am leichtesten am noch warmen Körper
    • Trocknen aufgespannt am Spannbrett bis zum Gerben
      • Mit den Haaren nach innen

    Federn

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