Befriedete Bezirke
Befriedete Bezirke kraft Gesetzes (Art. 6 Abs. 1 BayJG) sind:
- Wohngebäude und sonstige Gebäude, die mit diesen räumlich zusammenhängen,
- Umfriedete Hofräume und Hausgärten, die an eine Behausung anstossen,
- Friedhöfe,
- Flächen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile sowie überbaute Flächen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans,
- Tiergärten,
- Grundflächen, die von der unteren Jagdbehörde ganz oder teilweise für befriedet erklärt worden sind, und zwar in Bayern (Art. 6 Abs. 2 BayJG):
- sonstige Flächen innerhalb eines Bebauungsplans.
- abgeschlossene Grundflächen (außer Wildgehegen (Art. 23 Abs. 1 BayJG) und Wintergattern (Art. 25 BayJG)).
Photovoltaikanlagen können sowohl unter Ziff. 4 als auch unter 6. (Bebauungsplan) fallen.
Ruhen der Jagd
In befriedeten Bezirken ruht die Jagd (§ 6 BJG). Jagdruhe bedeutet ein absolutes örtliches, sachliches und zeitliches Verbot der Jagdausübung auf der Friedfläche. Weder der Eigentümer des befriedeten Grundstücks noch der im zuständigen Jagdrevier Jagdausübungsberechtigte darf auf dem Grundstück eine Jagdhandlung vornehmen.
Ausnahme: Die untere Jagdbehörde kann dem Grundeigentümer oder Revierinhaber bestimmte Jagdhandlungen unter Beschränkung auf bestimmte Wildarten und auf eine bestimmte Zeit gestatten (Art. 6 Abs. 3 BayJG, § 1 Abs. 1 AVBayJG). Sinn der Ausnahme ist, dass dem Grundeigentümer der Schutz seines Hausgartens und z. B. seines Geflügels möglich ist.
Ein Jagdschein ist nicht erforderlich.
Schusswaffen dürfen nur mit Erlaubnis der unteren Jagdbehörde verwendet werden. Hierzu muss der Eigentümer immer einen Jagdschein besitzen oder ausreichend versichert sein (§ 17 Abs. 1 BJG).
Aneignungsberechtigt ist, wem die Jagdhandlung gestattet wurde. Im übrigen darf sich der Grundstückseigentümer verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen aneignen. Bei Verfolgung von krankem oder krankgeschossenem Wild steht jedoch dem Revierinhaber das Aneignungsrecht zu. Ihm ist das Wild herauszugeben (Art. 38 BayJG, § 1 Abs. 2 AVBayJG).
Beschränktes Jagdausübungsrecht
Innerhalb befriedeter Bezirke steht dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten ein beschränktes Jagdausübungsrecht zu. Dies erstreckt sich überwiegend auf Wildkaninchen und Haarraubwild.
Diese Wildarten darf der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte jederzeit (!) und ohne (!) Jagschein fangen, töten und sich aneignen. Dabei ist er nicht an Schonzeiten gebunden, wohl aber muss er die sachlichen Verbote einhalten und das Tierschutzgesetz beachten. Fallenlehrgang erforderlich (Art. 28 Abs. 1 S. 4 BayJG).
Die Verwendung von Schusswaffen ist nur mit besonderer Erlaubnis zulässig.
Überschreitung und Folge
Überschreitet der Eigentümer
Überschreitet umgekehrt der Jagdausübungsberechtigte sein Jagdausübungsrecht, indem er Wild, das dem beschränkten Jagdausübungsrecht des Eigentümers
Betretungsrecht
Der Jagdausübungsberechtigte ist berechtigt, alle Grundstücke des Jagdreviers – mit Ausnahme der befriedeten Bezirke "Ruhen der Jagd", § 6 BJG) – zur Ausübung der Jagd zu betreten („Wo ich jagen darf, da darf ich auch hingehen“). Er muss hierbei aber auf die Belange der Eigentümer und Nutzungsberechtigten Rücksicht nehmen, damit ihnen kein Schaden entsteht.
Dieses allgemeine Betretungsrecht steht außer dem Jagdausübungsberechtigten auch dem Jagdaufseher, den Jagdgästen und den angestellten Jägern zu.
Die Eigentümer und Nutzungsberechtigten sind ihrerseits verpflichtet, den Jägern diesen Zutritt zu ermöglichen. Andernfalls kann der Jagdausübungsberechtigte gerichtlich die Beseitigung der rechtswidrigen Beeinträchtigung seines Jagdausübungsrechts verlangen (§ 1004 BGB).
Der Revierinhaber oder sein Beauftragter sind befugt, krankes oder krankgeschossenes Wild auf die Friedfläche zu verfolgen (Art. 38 BayJG, § 1 AVBayJG). Er darf aber nicht Gebäude, Hofräume oder Hausgärten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayJG betreten. Ihm steht aber auch in diesen Fällen ein Aneignungsrecht zu. Der Grundstückseigentümer oder Nutzungsberechtigte ist zur Herausgabe verpflichtet.
Ethische Bedenken
Grundstücke, deren Eigentümer die Jagd aus ethischer Überzeugung ablehnen, können unter bestimmten Umständen auf Antrag aus der Bejagung genommen werden. Antragsberechtigt sind nur natürliche Personen(§ 6a Abs. 1 BJG), nicht Naturschutzverbände &c..
Voraussetzung ist, dass der Eigentümer die Jagd insgesamt aus Gewissensgründen ablehnt. Dies muss im schriftlichen Antrag gegenüber der Behörde auch glaubhaft gemacht werden.
Wildfolge
Auf Grundstücken, die aus ethischen Gründen befriedet sind, darf eine Wildfolge durchgeführt werden. Der Grundeigentümer ist bereits vor Beginn der Wildfolge davon in Kenntnis zu setzen. Dies ist nur dann nicht erforderlich, wenn Belange des Tierschutzes entgegenstehen (§ 6a Abs. 8 BJG).
Das Recht zur Aneignung von Wild steht dem Jagdausübungsberechtigten des Jagdbezirks oder dem beauftragten Jäger zu (§ 6a Abs. 9 BJG).
Wildschäden
Der Eigentümer eines aus ethischen Gründen befriedeten Grundstücks hat für Wildschäden auf anderen Grundstücken des gemeinschaftlichen Jagdbezirks aufzukommen. Dies gilt nicht, wenn der Schaden auch ohne Befriedung dieser Fläche eingetreten wäre.
Der Grundeigentümer hat den Schaden im Verhältnis des Flächenanteils seiner Grundfläche an der Gesamtfläche des gemeinschaftlichen Jagdbezirks anteilig zu ersetzen (§ 6a Abs. 6 BJG).
Ersatzanspruch
Der Grundeigentümer einer aus ethischen Gründen befriedeten Fläche hat selbst keinen Anspruch auf Ersatz von Wildschäden (§ 6a Abs. 7 BJG).
Über den Autor
Das "Jagdrecht in Bayern" stellt der in der Jagdausbildung erfahrene Jäger und Jurist Alexander Scholl (scholl@jagdrecht-bayern.de) unentgeltlich zur Verfügung.
- Bei Kritik freut er sich über einen Hinweis per Mail.
- Wenn die Inhalte helfen und gefallen, freut er sich über eine kleine Spende an die Stöberhundgruppe Frankenhöhe e. V. (IBAN: DE26 7601 0085 0095 6428 53).
Gruß und Waidmannsheil,
von Alexander Scholl und dem Team von Waidwissen