Dieses Kapitel führt dich in die Grundlagen des österreichischen Tierschutzrechts ein. Du lernst die wichtigsten Definitionen, Verbote und Gebote zum Schutz von Tieren kennen und verstehst, welche Bestimmungen für Tierhaltung, Vollzug und Sanktionen gelten.
Das Tierschutzgesetz definiert in § 4 die wichtigsten Begriffe, die für das Verständnis des Rechtsgebiets essentiell sind.
- Halter: Jene Person, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat (§ 4 Z 1 TSchG)
- Haustiere: Domestizierte Tiere der Gattungen Rind, Schwein, Schaf, Ziege und Pferd, jeweils mit Ausnahme exotischer Arten, sowie Großkamele, Kleinkamele, Wasserbüffel, Hauskaninchen, Haushunde, Hauskatzen, Hausgeflügel und domestizierte Fische (§ 4 Z 2 TSchG)
- Heimtiere: Tiere, die als Gefährten oder aus Interesse am Tier im Haushalt gehalten werden, soweit es sich um Haustiere oder domestizierte Tiere der Ordnungen der Fleischfresser, Nagetiere, Hasenartige, Papageienvögel, Finkenvögel, Taubenvögel und der Klasse der Fische handelt (§ 4 Z 3 TSchG)
- Wildtiere: Alle Tiere außer den Haus- und Heimtieren (§ 4 Z 4 TSchG)
- Schalenwild: Rotwild, Damwild, Sikahirsche, Davidshirsche, Muffelwild und Schwarzwild (§ 4 Z 5 TSchG)
- Landwirtschaftliche Nutztiere: Alle Haus- oder Wildtiere, die zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse(z.B. Nahrungsmittel, Wolle, Häute, Felle, Leder) oder zu anderen land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gehalten werden (§ 4 Z 6 TSchG)
- Futtertiere: Fische, Hausgeflügel bis zu einem Alter von vier Wochen sowie Mäuse, Ratten, Hamster, Meerschweinchen und Kaninchen, die zum Zwecke der Verfütterung gehalten oder getötet werden (§ 4 Z 7 TSchG)
- Betreuungspersonen: Personen, die Tiere betreuen, ohne deren Halter zu sein (§ 4 Z 12 TSchG)
- Eingriff: Eine Maßnahme, die zur Beschädigung oder dem Verlust eines empfindlichen Teils des Körpers oder einer Veränderung der Knochenstruktur führt (§ 4 Z 8 TSchG)
- Schlachten: Das Töten eines Tieres durch Blutentzug und nachfolgende Ausweidung zum Zweck der Fleischgewinnung (§ 4 Z 13 TSchG)
- Zucht: Fortpflanzung von Tieren unter Verantwortung des Halters durch gemeinsames Halten geschlechtsreifer Tiere verschiedenen Geschlechts, gezielte oder nicht verhinderte Anpaarung, das Heranziehen eines bestimmten Tieres zum Decken oder durch Anwendung von Techniken der Reproduktionsmedizin (§ 4 Z 14 TSchG)
Das österreichische Tierschutzrecht basiert auf klaren Zielsetzungen und einem umfassenden Geltungsbereich.
- Ziel des Tierschutzes: Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf (§ 1 TSchG)
- Geltungsbereich: Das Tierschutzgesetz gilt bundesweit für alle Tiere (§ 3 Abs. 1 TSchG)
- Eingeschränkter Geltungsbereich: Die §§ 7 bis 11 (Verbot von Eingriffen an Tieren, Verbot der Weitergabe bestimmter Tiere, Verkaufsverbot von Tieren, Verbot der Ausstellung bestimmter Tiere, Hilfeleistungspflicht) und das 2. Hauptstück (Tierhaltung) gelten nur für Wirbeltiere, Kopffüßer und Zehnfußkrebse (§ 3 Abs. 2 TSchG)
- Ausnahme vom Geltungsbereich: Das Tierschutzgesetz gilt nicht für die Ausübung der Jagd und der Fischerei (§ 3 Abs. 4 TSchG)
- Nicht als Ausübung der Jagd gelten (§ 3 Abs. 4 TSchG):
- die Haltung und Ausbildung von Tieren, die zur Unterstützung der Jagd oder der Fischerei eingesetzt werden (wie z.B. Jagdhunde, Frettchen und Falken)
- die Haltung von Tieren in Gehegen zu anderen als jagdlichen Zwecken
- Berührung anderer Bundesgesetze: Das TSchG berührt nicht andere bundesgesetzliche Bestimmungen zum Schutz von Tieren, insbesondere das Tierversuchsgesetz, das Tiertransportgesetz und das Forstgesetz (§ 3 Abs. 3 TSchG)
Das Tierschutzgesetz enthält fundamentale Verbote zum Schutz der Tiere vor Misshandlung und unsachgemäßer Behandlung.
- Grundsätzliches Verbot: Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen (§ 5 Abs. 1 TSchG)
- Besondere Verstöße: Qualzüchtungen, ungeeignete oder unzureichende Betreuung, Verwendung von Geräten die zu erheblichen Schmerzen führen, mangelnde Sachkunde bei Eingriffen (§ 5 Abs. 2 TSchG)
- Verbotene Hilfsmittel: Verwendung von Stachelhalsbändern, Korallenhalsbändern oder elektronischen Dressurgeräten mit elektrischen Schlägen, Würgehalsbänder die das Atmen erschweren (§ 5 Abs. 2 Z 6 TSchG)
- Tierquälerische Jagdmethoden: Verbot von Fallen die nicht sofort töten oder bewusstlos machen, Verwendung von Gift oder Betäubungsmitteln (§ 5 Abs. 2 Z 5 TSchG)
- Weitere Tierquälerei: Ein Tier auf ein anderes hetzen, Leistungen abverlangen mit Schmerzen oder Angst, extremen Temperaturen aussetzen, Zwangsfütterung (außer veterinärmedizinisch), lebenden Tieren Gliedmaßen abtrennen (§ 5 Abs. 2 TSchG)
- Aussetzungsverbot: Heim- oder Haustiere oder gehaltene nicht heimische Wildtiere aussetzen (§ 5 Abs. 2 Z 8 TSchG)
- Vernünftige Gründe: Maßnahmen gelten nicht als Tierquälerei, wenn sie zur Erreichung vernünftiger Ziele unter Vermeidung von Schmerzen und Leiden angewandt werden (§ 5 Abs. 3 TSchG)
- Veterinärmedizinische Maßnahmen: Maßnahmen aufgrund veterinärmedizinischer Indikation (§ 5 Abs. 3 TSchG)
- Schädlingsbekämpfung: Sach- und fachgerechte Schädlingsbekämpfung (§ 5 Abs. 3 TSchG)
- Jagdliche Maßnahmen: Weidgerechte Jagd gilt als vernünftiger Grund (§ 6 Abs. 1 Z 3 TSchG)
- Notwendige Eingriffe: Therapeutische oder diagnostische Eingriffe sowie fachgerechte Kennzeichnung (§ 7 Abs. 2 TSchG)
- Grundsätzliches Tötungsverbot: Es ist verboten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten (§ 6 Abs. 1 TSchG)
- Spezielle Tötungsverbote: Tötung von Hunden oder Katzen zur Gewinnung von Nahrung oder anderen Produkten (§ 6 Abs. 2 TSchG)
- Berechtigung zur Tötung: Nur Tierärzte sind zur wissentlichen Tötung von Wirbeltieren berechtigt. Ausnahmen (§ 6 Abs. 4 TSchG):
- landwirtschaftliche Nutztiere
- Futtertiere
- Tötung zur Aus-, Fort- und Weiterbildung
- um Tier nicht behebbare Qualen zu ersparen
- Grundsätzliches Verbot: Eingriffe, die nicht therapeutischen oder diagnostischen Zielen oder der fachgerechten Kennzeichnung dienen, sind verboten (§ 7 Abs. 1 TSchG)
- Besonders: Verbot von Eingriffen zur Veränderung des phänotypischen Erscheinungsbildes, Kupieren des Schwanzes und der Ohren, Entfernen der Krallen, Zähne oder Stimmbänder (§ 7 Abs. 1 TSchG)
- Zulässige Ausnahme: Eingriff zur Verhütung der Fortpflanzung (§ 7 Abs. 2 TSchG)
- Betäubung bei Eingriffen: Eingriffe mit erheblichen Schmerzen nur von Tierärzten unter Betäubung (§ 7 Abs. 3 TSchG)
- Verbot des Imports: Import, Erwerb, Vermittlung und Weitergabe von Hunden mit verbotenen Eingriffen, die nach dem 1. Januar 2008 geboren wurden (§ 7 Abs. 4 TSchG)
- Verbringen ins Ausland: Wissentliches Verbringen österreichischer Hunde ins Ausland zum Zweck verbotener Eingriffe ist untersagt (§ 7 Abs. 5 TSchG)
Wer ein Tier erkennbar verletzt oder in Gefahr gebracht hat, muss dem Tier die erforderliche Hilfe leisten oder Hilfeleistung veranlassen, soweit dies zumutbar ist (§ 9 TSchG)
Zur Tierhaltung ist jeder berechtigt, der zur Einhaltung der Bestimmungen in der Lage ist und über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt (§ 12 Abs. 1 TSchG)
- Wohlbefindens-Grundsatz: Tiere dürfen nur gehalten werden, wenn aufgrund ihres Genotyps und Phänotyps davon ausgegangen werden kann, dass die Haltung ihr Wohlbefinden nicht beeinträchtigt (§ 13 Abs. 1 TSchG)
- Haltungsanforderungen: Der Halter muss für angemessenes Platzangebot, Bewegungsfreiheit, Bodenbeschaffenheit, bauliche Ausstattung, Klima(Licht und Temperatur), Betreuung und Ernährung sowie Möglichkeit zu Sozialkontakt sorgen (§ 13 Abs. 2 TSchG)
- Artgerechte Haltung: Die Haltungsbedingungen müssen den Körper- und Verhaltensbedürfnissen der Tiere entsprechen (§ 13 Abs. 2 TSchG)
- Versorgung bei Krankheit oder Verletzung: Bei Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung muss das Tier unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes. Kranke oder verletzte Tiere sind angemessen und gesondert unterzubringen (§ 15 TSchG)
- Bewegungsfreiheit: Die Bewegungsfreiheit darf nicht so eingeschränkt sein, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Das Tier muss über einen seinen Bedürfnissen angemessenen Platz verfügen. Dauernde Anbindehaltung ist verboten (§ 16 TSchG)
- Füttern und Tränken: Art, Beschaffenheit, Qualität und Menge des Futters müssen der Tierart, dem Alter und dem Bedarf entsprechen. Futter und Wasser müssen in hygienisch einwandfreier Form verabreicht werden (§ 17 TSchG)
Die landwirtschaftliche Wildtierhaltung in z.B. Wildgehegen unterliegt besonderen tierschutzrechtlichen Bestimmungen.
- Anzeigepflicht: Wildtierhaltung bei der Bezirksverwaltungsbehörde binnen zwei Wochen anzuzeigen (§ 25 TSchG)
- Verletzungsschutz: Umzäunung muss so gestaltet sein, dass sich Tiere nicht verletzen können (§ 25 TSchG)
- Stacheldrahtverbot: Stacheldraht darf nicht verwendet werden (§ 25 TSchG)
- Artgemäße Nahrung: Wild muss jederzeit mit artgemäßer Nahrung und genügend Wasser versorgt sein (§ 25 TSchG)
- Tränkeeinrichtungen: Bei fehlenden natürlichen Fließgewässern sind künstliche Tränkeeinrichtungen einzurichten (§ 25 TSchG)
- Beschränkung: Gehalten werden dürfen nur Rotwild, Damwild, Sikahirsche, Davidshirsche, Muffelwild und Schwarzwild (§ 25 TSchG)
Die spezifischen Anforderungen an die Haltung von z.B. Jagdhunden sind in Anlage 1 der 2. Tierhaltungsverordnung geregelt.
- Täglicher Auslauf: Mindestens einmal täglich entsprechend dem Bewegungsbedürfnis
- Sozialkontakt: Mindestens zwei Mal täglich Sozialkontakt mit Menschen
- Gruppenhaltung: Bei mehreren Hunden grundsätzlich Gruppenhaltung
- Trennung von Welpen: Grundsätzlich erst ab über acht Wochen vom Muttertier
- Dauerhafte Zwingerhaltung: Verboten - mindestens einmal täglich Bewegung außerhalb des Zwingers
- Mindestfläche: 15 m² uneingeschränkt benutzbare Zwingerfläche für ersten Hund, 5 m² zusätzliche Grundfläche je weiterem Hund
- Einfriedung: Mindestens 1,8 m hoch und verletzungssicher
- Geeignetheit: Nur bei rassengerechter, alters- und gesundheitsgerechter Eignung
- Schutzhütte: Muss vorhanden sein, aus wärmedämmendem Material bestehen und trockenes Liegen ermöglichen
- Wasser und Futter: Muss jederzeit in ausreichender Menge und Qualität im gewohnten Aufenthaltsbereich vorhanden sein
Organe der Bezirksverwaltungsbehörde sind verpflichtet, wahrgenommene Verstöße gegen das Tierquälereiverbot, Tötungsverbot und Eingriffsverbot durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden (§ 37 TSchG)
- Bezirksverwaltungsbehörden verhängen bei Verstößen Geldstrafen bis zu 7.500 Euro (§ 38 TSchG)
- Bei wiederholten Verstößen Geldstrafen bis zu 15.000 Euro (§ 38 TSchG)
- Mindeststrafe: In schweren Fällen der Tierquälerei mindestens 2.000 Euro Strafe (§ 38 TSchG)
- Bereits der Versuch ist strafbar (§ 38 TSchG)
- Tierhaltungsverbot: Bei schweren Verstößen kann ein befristetes oder unbefristetes Tierhaltungsverbot verhängt werden (§ 39 TSchG)
- Verfall: Gegenstände und Tiere können dem Täter entzogen werden, wenn zu erwarten ist, dass er sein strafbares Verhalten fortsetzen oder wiederholen wird (§ 40 TSchG)
- Jedes Bundesland hat eine Tierschutzombudsperson zu bestellen (§ 41 Abs. 1 TSchG)
- Aufgabe: Vertretung der Interessen des Tierschutzes (§ 41 Abs. 3 TSchG)
- Anzeigepflicht: Übermittlung von Verstößen an Strafverfolgungsbehörden bei begründetem Verdacht gerichtlich strafbarer Handlungen (§ 41 Abs. 6 TSchG)